“Nur” eine massive Trotzphase? – DasElternforum.de

  1. 07.07.2012, 23:12 #1

    Mein Töchterlein war schon immer ein Sturkopf und hat ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Dementsprechend habe ich Julika Aurelia schon öfter zickig oder bockig erlebt, wenn sie ihren Willen nicht bekommen hat. Aber sie hat sich nach Wutausbrüchen auch stets wieder “gefangen” und war ansprechbar sowie “steuerbar”. Seit einer Woche ist sie außer Rand und Band und nicht mehr wiederzuerkennen. Vor einer Woche stieg sie genau in dem Moment, als ich bezahlen musste, bei “dm” aus dem Einkaufswagen und lief aus dem Laden. Seitdem kommt sie auch angeschnallt binnen einer halben Minute (maximal) aus ihrem BUGABOO heraus. Sie schreit, läuft weg, amüsiert sich köstlich, äfft mich nach, krabbelte unlängst durch den von ihr an und für sich so geliebten Drogeriemarkt, schmeißt sich auf den Boden in der Fußgängerzone und schreit: “Liegen bleiben! Liegen bleiben!” Jeder Einkauf wird seitdem zur Tortur – und da ich allein erziehend bin und kein Auto besitze, müssen wir nahezu täglich einkaufen. Bis vor einer Woche hatte Julika nie ein Problem damit. Im Gegenteil: Sie weiß bei “dm”, wo fast jedes Produkt steht, merkt sich, was wir einkaufen müssen, kennt vier Mitarbeiter persönlich mit Namen und freute sich, wenn sie von ihnen mit Namen gegrüßt wurde. Was ich besonders schockierend finde, ist die Tatsache, dass Julchen seit Kurzem um sich schlägt und tritt … Meine Wenigkeit hat nun schon so manchen blauen Fleck davongetragen. Ich habe mein Kind noch nie geschlagen und möchte dies auch niemals tun. Gestern hatte meine “Prinzessin” (*lol*) zu Hause einen massiven Trotzanfall und hat sogar gezielt mit einem meiner Schuhe nach mir geworfen. Heute Vormittag wollte sie sich beim “Schickmachen” keine Windel anziehen lassen und ist daraufhin so in Rage geraten, dass sie mindestens 20 Minuten lang geschrien und getobt hat. Meine Maus war derart hysterisch, dass sie gar nicht mehr zugänglich war. Sie schlug und trat um sich und wollte unbedingt einen Schnuller haben. Sie brüllte nur noch “Schnuller haben! Schnuller haben!” Ich habe ihr aber keinen ausgehändigt, da sie, seitdem sie zwei Jahre alt ist, lediglich zum Einschlafen oder bei heftigeren “Verletzungen” einen Schnuller erhält, woran Julchen sich recht schnell gewöhnt hat. Nach etwa 15 Minuten wollte sie auf meinen Arm und wurde etwas ruhiger; sie meinte aber beispielsweise, Papa, bei welchem sie von heute auf morgen in Aachen übernachtet, solle wegbleiben – und sie verlangte weiterhin lautstark nach einem Schnuller. Als Julikas Vater klingelte und erst einmal in unsere Wohnung kam, beruhigte sich das “Rotzgör” zunächst einmal. Wir sind dann zusammen – wie abgesprochen – zu dritt zu “Baby Walz” gefahren, wo ich dem Trotzkopf einen neuen Buggy (mit Zusatzgurt) gekauft habe, aus welchem er hoffentlich nicht so schnell herauskommt … In dem Geschäft hat Julika nur Krawall gemacht, ist permanent ausgebüxt, hat sich geweigert, sich in Buggys, welche zur engeren Wahl standen, zu setzen, hat auch ihren Vater nachgeäfft (im Imitieren ist sie leider fulminant) und nach ihm geschlagen und getreten, als er sie auf seinen Arm genommen hat. Sie tanzte durch das Geschäft und sang, versuchte auf Regale zu steigen etc. pp. So zog sich unser Aufenthalt bei “Baby Walz” etwa zwei Stunden hin. Gerade habe ich meinen Ex per SMS gefragt, wie es mit unserer Tochter laufe. Er schrieb: “Abgesehen von ein bisschen Gezicke im Auto alles bestens.” Das nehme ich ihm allerdings nicht so ganz ab, nachdem ich vorhin erlebt habe, dass sie in keiner Weise auf ihn hört und sich über ihn lustig gemacht hat … Ich war noch nie sooo glücklich wie heute, ohne mein Kind zu sein – und das soll ja in meinem Falle schon etwas heißen … Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie habt ihr auf euer Kind reagiert?

    Alle, denen ich Julikas Verhalten bis jetzt geschildert habe und welche sie auch persönlich kennen, meinen, es handle sich um eine heftige Trotzphase, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass mehr dahinter steckt … Wie schon erwähnt, ich erkenne mein eigenes Kind nicht mehr wieder.

    Geändert von Glashaus73 (07.07.2012 um 23:25 Uhr)

    “Es geschehen Dinge, die wie Fragen sind. Es vergehen Sekunden oder Jahre, und das Leben antwortet.”

    (Alessandro Baricco)

  2. 07.07.2012, 23:32 #2

    Erstmal Hallo, Unserer “Große” befindet sich derzeit in einer ähnlichen Phase. Sie tobt und schreit, sobald es mal nicht nach ihrer “Nase” geht. Eine solche Trotzphase haben wir erst vor kurzen mal gehabt, allerdings in “milderer” Form. Da haben wir ihr schon gleich “beigebogen”, dass wenn sie “rumzickt”, sie in ihr Zimmer muss, bis wir sie wieder holen (2-3 Min. … nach Gehör, sprich wenn sie sich beruhigt) In dieser doch intensiveren Phase, halten wir es genau so. Klar, im Laden nicht umsetzbar. Da wir auch Unterwegs nicht von Zickereien unserer Melina verschont bleiben, handhaben wir es so, dass sie dann eben im Kinderwagen angeschnallt wird (5-Punktgurt, da kommt sie zum Glück nicht raus … noch nicht!) Sicherlich brüllt sie zunächst auch in allen Höhen und Lautstärkevarianten, aber da sind mein Mann und ich doch recht stur und sobald sie unsere Ignoranz realisiert, geht es wieder. Wir würden unseren Kindern gegenüber auch NIE die Hand heben … nicht mal einen “Klapps auf den Po”. Wir reden uns halt den Mund “fusselig”,

    aber ich habe lieber “Sprechblasen” als auch nur einmal meine “Babies zu “Schlagen”!

  3. 08.07.2012, 11:13 #3

    Hallo Schnegge, vielen Dank für deine schnelle Antwort! Was du beschreibst, klingt für mich nach einer “normalen” Trotzphase. Was Julika angeht, so muss man bedenken, dass sie psychisch schon recht viel durchgemacht hat (so beispielsweise eine Fremdplatzierung und Trennung von ihrem geliebten Vater im ersten Lebensjahr —> s. meine anderen Beiträge). Sie wünscht sich zurzeit auch nichts sehnlicher, als dass ihr Papa wieder zu uns zieht, was (leider) illusorisch ist. Vor drei Tagen brachte sie sinngemäß etwa folgenden Spruch: “Wenn Papa abhaut, darf Julika das auch.” Hinzu kommt, dass die Kleine meines Erachtens hyperaktiv ist. Sie kann nicht eine Minute an einem Ort verweilen oder stillsitzen. Darüber hinaus ist Julchen sehr zart und wendig und entspricht nicht der Norm. Bereits im vergangenen Sommer ist sie aus jedem Hochstuhl herausgekommen, weshalb ihr eigener schon lange im Keller weilt. Noch bevor sie laufen konnte, hat sie angefangen, im BUGABOO (Ich hasse diesen Kinderwagen!) zu schaukeln, so dass dieser mehrere Male (mit ihr) umgefallen ist. Sie hat es immer sportlich genommen … Bereits vor etwa einem halben Jahr hat sie es dann geschafft, einen Gurt des Kinderwagens durchzureißen. Jetzt hat meine Kleine einen ordentlichen Entwicklungsschub gemacht. Was die Länge angeht, so benötigt sie meist Konfektionsgröße 92. Um den Bauch herum ist sie extrem dünn. So kann sie noch gut ein Röckchen in Gr. 74 tragen. Alle Hosen in ihrer eigentlichen Größe rutschen ihr (ohne Gürtel) sofort herunter. Zudem ist Julika im sprachlichen/rhetorischen Bereich recht begabt sowie schlagfertig. Als sie unlängst an der Kasse eines Lebensmittelmarktes mal wieder Anstalten machte, aus dem Einkaufswagen zu steigen und ich sehr bestimmt sagte: “Sofort wieder rein!”, entgegnete sie auf der Stelle lauthals: “Sofort wieder raus!”

    In einer ähnlichen Situation habe ich wohl, als mir gar nichts mehr einfiel, zu ihr gesagt: “Ich warne dich!”, was natürlich ein ziemlich blöder Spruch ist … Am nächsten Tag hopst und hüpft Julika Aurelia durch unsere Wohnung und ruft: “Ich warne dich! Ich warne dich!” sowie: “Aurelia! Aurelia!” Dabei muss man innerlich fast lachen, weil sie exakt meinen Tonfall und meine Sprachmelodie imitieren kann.

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    (Alessandro Baricco)

  4. 08.07.2012, 14:07 #4

    Oh je, ja… dass hört sich schon sehr viel intensiver, als bei uns an. Und ganz sicher ist es für Eure Kleine eine “Einschneidende” Situation … Trennung von Papa und Mama! :troest: Macht Julika irgendetwas sehr gern ..so als Hobby? Mir kommt da die Idee von sinnvoller Beschäftigung. Versteh mich nicht falsch … ich meine einfach, bastelt sie sehr gern oder ??? und hast Du die Möglichkeit bei Euch in der Umgebung soetwas wie ein Kinderbastelkurs zu besuchen? Oder eben eine andere Richtung. Sicher nimmt es nicht den gesamten Stress, aber evtl. ist es etwas “beruhigend”. Unsere Melina hat durch diverse Krkh.-Aufenthalte auch so ihr “Probleme” … seit sie beim Kleinkindturnen ist, spricht sie sehr viel mehr und deutlicher, und eben die Zickereien fallen etwas milder aus. Unsere Melina hat Asthma, der sehr lang unerkannt blieb … naja..man wollt ihn nicht erkennen …anderes Thema ..

    Wäre dass evtl. eine Möglichkeit?

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  5. 08.07.2012, 15:26 #5

    Hi Schnegge, wieso sollte ich dich falsch verstehen? Julika tanzt und singt gerne. Sie möchte unbedingt ein Instrument erlernen. Deswegen werde ich sie bei der Musikschule anmelden. Ans Kinderturnen habe ich auch bereits gedacht. Wäre für mein wendiges Energiebündel sicherlich genau das Richtige! Leider haben wir zurzeit in Nordrhein-Westfalen Sommerferien, so dass erst einmal gar nichts läuft … Mein Engel ist ohnehin ein Kind, welches ständiger Beschäftigung sowie Unterhaltung bedarf.

    Zudem zieht Julikas heiß geliebte Freundin, die ganz in unserer Nähe wohnt, Anfang September mit ihrer Familie nach Schottland. Dann wird Julika Aurelia schon wieder mit einer Trennung konfrontiert und wird die Welt nicht mehr verstehen. Mir graut jetzt bereits davor …

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    (Alessandro Baricco)

  6. 26.07.2012, 22:49 #6

    Ich möchte kurz berichten, wie es mit meinem Trotzkind weitergegangen ist. Knapp 14 Tage lang war es ziemlich unausstehlich und war schon morgens alles andere als lieb. Ständig musste ich die Kleine in ihre Grenzen weisen, sie ermahnen etc. pp. Extrem anstrengend! Immerhin schafft Julchen es (noch) nicht, sich aus ihrem neuen Buggy zu “befreien”. Aus den Armgurten schlüpft sie in der Regel sofort heraus, aber die unteren Gurte reichen aus – bis jetzt … Julika Aurelia dachte sich jeden Tag neuen “Scheiß” aus … Ein vielfältiges Programm, um es mal gelinde zu umschreiben … Nach zwei Wochen des “Kampfes” wurde – fast wie aus heiterem Himmel – wieder alles viel harmonischer. Meine Tochter wollte öfter schmusen, zeigte sich häufiger von ihrer besten Seite, so dass wir wieder viele schöne Tage erlebten. Julika Aurelia kann sich seit Kurzem deutlich länger als zuvor alleine beschäftigen und vertieft sich sehr intensiv in ihr Spielen. Trotzanfälle hat mein Engelchen/Bengelchen zurzeit durchaus noch öfter, aber sie sind in der Regel nicht mehr so massiv und auch nicht von so starker Aggressivität gekennzeichnet.

    Die Phasen, in denen Julika ununterbrochen das Gegenteil von dem, was ich verlautbaren lasse, sagt, haben mitunter auch eine wirklich witzige Seite. So entgegnete mir mein Töchterlein beispielsweise vor drei Tagen, als ich erwähnte, dass wir nun Hochsommer hätten, sofort: “Untersommer!” sowie “Runtersommer! Runtersommer!”

    Geändert von Glashaus73 (26.07.2012 um 23:28 Uhr)

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    (Alessandro Baricco)

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