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05.10.2012, 22:44 #1
Rollenspiele bis zum Abwinken … Ich erwähnte bereits des Öfteren, dass meine Tochter eine rege Phantasie hat. Seitdem sie nur noch in der Ich-Form spricht, nimmt sie etwa 40mal am Tag eine andere Rolle ein – und für mich hat sie dann stets auch eine Rolle vorgesehen. Nach dem Aufwachen geht es oft schon los: “Ich bin Mama, 39 Jahre alt (was ich tatsächlich bin), du bist Oma; ich muss mich um meine Tochter Julika Aurelia kümmern.” Sie erzählt in der Mutterrolle, dass sie schon schwanger war, ihre Windeln sind “Binden”, einen Busen hat sie “natürlich” auch usw. usf. Das klingt durchaus süß, und ich spiele diese Rollenspiele bis zu einem gewissen Grad auch gerne mit. Julika geht in ihren Rollen allerdings derart auf, dass sie als “Mama” Karotten sowie Äpfel ablehnt, da sie darauf allergisch reagiere. Dies ist bei MIR tatsächlich der Fall. Nun ist mein Töchterlein, was das Essen angeht, extrem wählerisch; sie mag 13 gesunde Lebensmittel. Wenn das rohe Gemüse bzw. Obst, welches sie eigentlich gerne isst, ausgeschlossen wird, ist das nicht gerade prickelnd … Ich “muss” auch oft über Stunden lang Papa spielen, wobei Julika in dieser Zeit mindestens fünfmal die Rolle wechselt. Als Baby Max (sechs Monate alt) lehnt sie, wenn wir unterwegs sind, jegliche feste Nahrung mit der folgenden Begründung ab: “Ich habe schon keine Zähne.” Julika meint natürlich “noch” … Ansonsten ist sie Opa, sehr alt, läuft dann mit einem Stock durch unser Zentrum; Pippi Langstrumpf, ein Hasenkind oder ein anderes Tierkind bzw. eine Tiermutter, ihre ehemals beste Freundin Isabel, welche vor geraumer Zeit nach Schottland gezogen ist. (Ich “darf” sie dann nur mit “Isabel” ansprechen und sie redet mich mit dem Vornamen von Isabels Mutter an.) Weitere Rollen, die meine Tochter einnimmt, sind solche, die sie aus ihren zahlreichen Büchern sowie Pixi-Büchern kennt, beispielsweise Conni (ich bin dann Connis Mutter oder ihr Vater oder ihre Freundin Anna oder …) – und “selbstverständlich” haben wir in solchen Situationen auch eine Katze namens Mau im Haus. Wenn wir gerade im Drogeriemarkt einkaufen und Julika Conni “ist”, packt sie Katzenfutter in unseren Wagen bzw. ist im Begriff, es zu tun. Wenn sie eine erwachsene Person spielt, möchte sie sich eine Erwachsenenzahnbürste aussuchen … Unsere Musikgruppenleiterin kann Julchen für ihr Alter sehr gut “nachahmen”; sie “erklärt” dann das “Konzept” einer Musikstunde, stellt unsere Lieder vor etc. Ich könnte jetzt noch unendlich viele weitere Rollen, welche meine Tochter einnimmt, aufzählen, aber ich denke, dass ihr einen hinreichenden Eindruck bekommen habt. Was ich “problematisch” und anstrengend finde, sind die unendlich vielen Rollenwechsel, welche oft von einer Sekunde auf die andere von meinem Gottesgeschenk “festgelegt” werden. Ich habe meiner Tochter selbstverständlich schon wiederholt nach geraumer Zeit gesagt, dass unser Spiel ein Ende haben müsse und sie wieder Julika Aurelia sei. Sie wird dann meistens trotzig, schmeißt sich auf den Boden, schreit beispielsweise: “Ich bin ein Mann. Ich bin Papa. Ich bin 40 Jahre alt (auch diese Altersangabe ist korrekt).” Wenn Julika so agiert, versuche ich kurz, sie zu beschwichtigen; aber wenn sie weiterhin trotzt, lasse ich sie gewissermaßen “links liegen”. Mich würde sehr interessieren, wer mit seinem Kind ähnliche Erfahrungen macht bzw. gemacht hat. Des Weiteren wäre ich für Tipps, wie ich mit Julikas extremen Rollenspielen und den dargelegten Wechseln eurer Meinung nach umgehen sollte, ausgesprochen dankbar.
Liebe Grüße von Rike
Geändert von Glashaus73 (05.10.2012 um 23:13 Uhr)
“Es geschehen Dinge, die wie Fragen sind. Es vergehen Sekunden oder Jahre, und das Leben antwortet.”
(Alessandro Baricco)
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09.10.2012, 14:17 #2
Komisch … Gibt es hier niemanden, dessen Kind Rollenspiele praktiziert bzw. praktiziert hat?
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(Alessandro Baricco)
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17.10.2012, 10:13 #3
ich kenne das eigentlich nicht. natürlich, beim vater-mutter-kind spielen oder sowas. aber auch da waren es immer fiktive charaktäre und nicht jemand konkretes. ich würde mir aber diesbezüglich keine gedanken machen.
sie sieht halt viel und nimmt viel auf und verarbeiten tut sie das eben, indem sie nachahmt
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28.10.2012, 23:03 #4
Nun ja, ein Schau-Kind (meine Wortkreation … ;o)) war Julika Aurelia in der Tat schon immer. Zurzeit sind es etwa 60 verschiedene Rollen, welche sie täglich einnimmt, und ihre Rollenspiele sind noch komplexer geworden. Es werden nun beispielsweise noch Kuscheltiere eingebunden, welche ihre Zwillingskinder darstellen (in der Bekanntschaft haben wir Zwillinge), Julika ist dann die Zwillings-Mutter, welcher ein neues Zwillings-Bett geliefert wird/wurde – und für mich bleibt in dieser Konstellation noch der Part der Zwillings-Oma.
Die Orte, an denen wir uns (angeblich) befinden, werden zusätzlich ständig verändert, so “sind” wir beispielsweise auf einer Insel, auf welcher Julchens Vater gerade Urlaub macht, oder im Holzhaus meiner Eltern, am Strand, in der Straßenbahn, in der Hexenschule, im Zoo, … Bisweilen habe ich wirklich Schwierigkeiten, noch “hinterherzukommen”. Die Phantasie meines Engels toppt ohnehin alles Vorstellbare.
“Es geschehen Dinge, die wie Fragen sind. Es vergehen Sekunden oder Jahre, und das Leben antwortet.”
(Alessandro Baricco)