Sohn, 6 J., in Schule eigensinnig, explosiv und aggressiv

  1. 21.02.2014, 22:35 Sohn, 6 J., in Schule eigensinnig, explosiv und aggressiv #1

    Hallo, ich wende mich mit einem Thema an euch, das mich jetzt schon eine ganze Weile beschäftigt. Zu Vorgeschichte: Mein Sohn und ich leben seit 5 Jahren getrennt von seinem Vater, der ihn alle zwei Wochen von Freitag Nachmittag bis Samstag Mittag zu sich holt. Seit ca. 2 1/2 Jahren habe ich eine neuen Freund, der von meinem Sohn regelrecht vergöttert wird, und mit dem wir auch zusammenwohnen. Als er mit knapp 2 Jahren in die Kita kam, ist er durch sein Verhalten schnell auffällig geworden. Er hatte eine sehr niedrige Frustrationstoleranz, ist bei den kleinsten Kleinigkeiten in die Luft gegangen (z.B. wenn ihn ein anderes Kind im Vorbeigehen nur leicht gestreift hat) und konnte sich bei Konflikten nicht gewaltlos verständigen. Auch bei anderen Gefühlsregungen, wie Freude, wurde er körperlich. Er kniff andere Kinder vor Freude in die Arme und schüttelte sie dann. Diese Verhaltensweisen treten vor allen in größeren Kindergruppen auf. In Eins-zu-Eins-Situationen war er mit Abstand “einfacher”. Durch sehr gute Zusammenarbeit mit seinen Erzieherinnen, Sport (Kindertanzen, Judo) und regelmäßigen Besuchen beim Kinderpsychologen (mein Sohn hat einen I-Status bis zur Einschulung bekommen) hat sich sein Verhalten im Laufe von knapp vier Jahren merklich gebessert. Die Behandlung beim Psychologen konnte einige Monate vor der Einschulung abgeschlossen werden. Es gibt auch positive Eigenschaften: Er ist intelligent, hat mir schon in der Vorschule Zahlen und Buchstaben (keine ganzen Wörter) vorgelesen. Er kann Puzzles legen, die eigentlich für 1-2 Jahre ältere Kinder gedacht sind. Als die Zeit gekommen war, ihn für die Schule anzumelden, stellte sich uns die Frage, ob er denn sozial reif genug ist. Immerhin ist er bei der Einschulung noch nicht ganz 6 Jahre alt gewesen. Vonseiten des Psychologen, der Amtsärztin, unserer Kinderärztin und seiner Erzieher wurde uns aber geraten, ihn einschulen zu lassen, da er in der Kita unterfordert sein könnte. Mein Sohn ist also im letzten Sommer eingeschult worden. Die ersten zwei Wochen verhielt er sich noch unauffällig (ich schätze mal, das war noch die Eingewöhnungs-Phase), aber danach fingen die Probleme an. Bei Konflikten mit anderen Schülern reagiert er wieder deutlich agressiv, er geht wieder schnell in die Luft und schafft es anscheinend nur kurz zu versuchen, sie verbal zu lösen. Er schmeißt mit Gegenständen, tritt haut, schubst, zieht an Haaren. Außerdem verweigert er manchmal den Unterricht (vor allem dann, wenn er vorher schon Streit hatte). Er lässt dann nicht mit sich reden stört auch absichtlich den Unterricht (spielt sozusagen den Klassen-Clown). Das macht er allerdings nur bei seiner Klassenlehrerin, nicht in Mathe, nicht im Sportunterricht und auch nicht in Lebenskunde. Die gleichen Probleme gibt es im Hort, der auf dem Schulgelände ist. Er möchte oft nicht am Gruppenkreis teilnehmen, der zum Anfang der Hortbetreuung stattfindet und will nach Konflikten sein extremes Verhalten nicht mit der Erzieherin besprechen. Auch wenn er nicht der Auslöser eines Konflikts war, rennt er einfach weg. Natürlich schleppt er dann seinen Frust den ganzen Tag mit sich rum und explodiert gleich bei der nächsten Gelegenheit wieder sofort. Ich hatte jetzt schon mehrere Elterngespräche mit der Klassenlehrerin, der Erzieherin und der Sozialarbeiterin. Auch habe ich meinen Sohn wieder bei einem (anderen) Kinderpsychologen vorgestellt. Hier sind wir noch in der Diagnose-Phase. Leider habe ich das Gefühl, dass die Erzieherin und die Klassenlehrerin überfordert mit meinem Sohn sind. Die Gruppen sind sehr groß (27 Kinder in einer Klasse und 31 in einer Hortgruppe) und es gibt einen deutlichen Jungen-Überschuss. Mein Sohn darf jetzt einmal die Woche eine Unterrichtsstunde in die Schulstation gehen, außerdem wurde mir vorgeschlagen, ihn in die Psychomotorik-Gruppe im Hort zu geben. Die zuständige Erzieherin konnte mir allerdings nicht richtig erklären, was das bewirkt und wie es meinem Sohn speziell helfen kann. Vielleich kann mir einer von euch das näher beschreiben?

    Sonst klappt es in der Schule sehr gut. Seine Leistungen sind super, da die 1. und die 2. Klasse zusammen unterrichtet werden, macht er sogar schon einige Aufgaben für Zweitklässler smile-8169424 manchmal glaube ich, die Aufgaben für die Erstklässler langweilen ihn. Er geht nachmittags in den Literaturclub im Hort und am Wochenende weiterhin zum Judo.

    Zu Hause ist er auch oft anstrengend, aber da er ein Einzelkind ist und ich mich “nur” um ihn kümmern muss, läuft es nicht ganz so aus dem Ruder. Allerdings muss ich immer sehr enge Grenzen setzen, die gern auch erst nach mehrmaliger Aufforderung eingehalten werden. Dabei schaffe ich es leider nicht immer, ruhig zu bleiben icon_sad-2555969 Ich versuche es und es klappt auch, wenn ich selbst ausgeglichen bin. Aber nach einem stressigen Tag auf Arbeit oder wenn er eine besonders lang anhaltende, anstrengende Phase hat, bin ich auch schnell gereizt…

    Mein Thread ist jetzt leider etwas lang, aber das spiegelt nur meine Sorgen wieder… Ich bitte euch ganz herzlich um Rat, was ich zu Hause machen kann, dass es bei uns und in der Schule besser läuft. DANKE!

    LG Bontty

  2. 21.02.2014, 23:57 Sohn, 6 J., in Schule eigensinnig, explosiv und aggressiv #2

    Hallo Bontty, zunächst einmal ein paar Gedankengänge, die mir während und nach dem Lesen deines Beitrages durch den Kopf gegangen sind … Daraus ergeben sich dann auch diverse Fragen. Dein Sohn wurde bereits mit noch einem Jahr in die KITA abgeschoben; nach der Schule muss er in den Hort. Wann siehst du deinen Sohn und wie intensiv ist euer Verhältnis zueinander? Wie hat dein Sohn die Trennung von seinem leiblichen Vater verkraftet? Wie geht er damit um, dass er “zwei Väter” hat? Aufgefallen ist mir zudem, dass du die Situation deines Kindes in der Schule als recht dramatisch beschreibst, was zweifelsohne seine Berechtigung hat, da die Probleme unglaublich groß sind. Recht absurd wirkt auf mich deshalb der folgende Satz: “Sonst klappt es in der Schule sehr gut.” Wie hat der Kinderpsychologe die Auffälligkeiten eingeordnet? Wie ist die Diagnostik verlaufen? Welche Diagnosen wurden deinem Sohnemann gestellt? Weshalb hat er einen I-Status erhalten?

    Liebe Grüße von Glashaus

  3. 22.02.2014, 16:36 Sohn, 6 J., in Schule eigensinnig, explosiv und aggressiv #3

    Hallo Glashaus, erst einmal vielen Dank für deine Antwort. Leider finde ich es schade, dass du meine Entscheidung, mein Kind in die Kita zu geben, derart abwertest. Mein Sohn war zu dem Zeitpunkt fast zwei Jahre alt und ich hatte die Wahl zwischen Hartz IV oder unseren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Wie hättest du dich entschieden? Da ich zu der Zeit allein erziehend war, musste ich auch Vollzeit arbeiten. Also ist mein Sohn von 7:00 – 17:30 Uhr in der Kita gewesen. Das hätte ich mir auch anders gewünscht, aber finanziell blieb mir keine Wahl. Unter der Woche blieben uns deshalb nur die 1 1/2 Stunden vor dem Zubettgehen. In der Zeit gab es Abendessen und immer unser Abendritual. Das bestand aus gemeinsamem Zähneputzen, Sandmann gucken und Bücher angucken bzw. Geschichten vorlesen. Im Sommer sind wir nach der Kita auch noch kurz auf den Spielplatz gegangen. An den Wochenenden sind wir im Sommer oft draußen oder besuchen die Familie und Freunde mit Kindern. Außerdem hat mein Sohn ja samstags seine Judo-Stunde. Rechtzeitig zur Einschulung habe ich meine Arbeitszeit auf 30 Stunden/Woche verringert. Inzwischen sind wir ja mit meinem Freund zusammengezogen, deshalb war das finanziell kein Problem mehr. Mein Freund bringt meinen Sohn zu 8:00 Uhr in die Schule und ich hole ihn 16:00 Uhr ab. Danach gehen wir bei schönem Wetter auf den Spielplatz (als Schnee lag, waren wir rodeln). Unser Abendritual hat sich nicht verändert. Wir essen immer noch gemeinsam, er darf auch noch das Sandmännchen gucken und wir lesen gemeinsam vor dem Schlafen (inzwischen liest er oft mir vor). Insgesamt ist unser Verhältnis gut. Natürlich ist nicht immer alles Friede-Freude-Eierkuchen. Aber wenn ich schimpfen musste und danach der Konflikt geklärt ist, ist die Stimmung auch wieder gut. Wir umarmen uns und ein Zubettgehen ohne Gute-Nacht-Kuss ist kaum möglich. Sein Vater und ich haben uns getrennt, als er 1 Jahr alt war. Die Zeit war ziemlich stressig, wir haben uns viel gestritten. Sicherlich ist in seinem Unterbewusstsein noch etwas davon hängengeblieben. Dass er zwei Väter hat, belastet meinen Sohn allerdings nicht offensichtlich. Er geht damit sehr gut um, was sicherlich auch dem Umstand geschuldet ist, dass er meinen Freund total gern hat.

    Mit “Sonst klappt es in der Schule sehr gut.” meinte ich, dass mein Sohn – abgesehen von den Tagen, an denen er besonders schlechtes Verhalten zeigt – gut in der Schule zurecht kommt. Er hat Kinder, mit denen er gerne spielt (er ist trotz seines Verhaltens kein Außenseiter und hat sich auch schon ein paar Mal mit Mitschülern verabredet) und der Lernstoff bereitet ihm überhaupt keine Probleme. Auch wenn er im Unterricht mit seiner Klassenlehrerin ab und zu nicht mitmacht, ist er einer der weitesten Erstklässler. In allen anderen Fächern und den AGs macht er immer gut mit. Hier die Einschätzung seiner Sportlehrerin: “Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist [mein Sohn] engagiert, sehr mutig und geschickt, einfallsreich, erfasst Spielideen sehr schnell und hält vereinbarte Regeln stets ein.” Deshalb finde ich meine Aussage keineswegs absurd. Der alte Kinderpsychologe hat meinem Sohn eine emotionale Störung bescheinigt und dafür hat er auch einen I-Status bekommen. Es fanden motorische, neurologische und allgemeine Enwicklungs-Tests statt. Bei dem neuen Psychologen sind wir noch in der Diagnose-Phase, d.h. ich habe noch keinen Befund. Hier wurde allerdings zusätzlich ein Intelligenztest (auf Anraten seiner Klassenlehrerin) und eine Gehirnstrommessung gemacht. Die Auswertung aller Tests findet in den nächsten Wochen statt. Ich habe mir überlegt, es vielleicht mir einer Art Belohnungssystem zu versuchen. Wenn mein Sohn sich in der Schule benimmt, bekommt er einen Smiley und wenn er mehrere Smileys gesammelt hat, bekommt er eine Belohnung. Dafür müsste ich natürlich täglich eine Info von seiner Lehrerin bekommen. Was hältst du davon und was für eine Belohnung würdest du vorschlagen? Liebe Grüße

    Bontty

  4. 22.02.2014, 21:59 Sohn, 6 J., in Schule eigensinnig, explosiv und aggressiv #4

    Liebe Bontty, verstehe mich bitte nicht falsch! Ich werte dich oder deine Entscheidung, dein Kind so früh in die Kindertagesstätte zu geben, nicht ab. Aber dass eine so lange Trennung für ein Kleinkind von der Mutter (von 7 Uhr bis 17.30 Uhr!) nicht gut sein kann und zu psychischen Störungen des Kindes führen kann, steht für mich außer Frage. Ich bin übrigens selbst allein erziehend; mein damaliger Gatte hat uns verlassen, als unser Wunschkind ein halbes Jahr alt war. Wie ich mich an deiner Stelle entschieden hätte (Hartz IV zu beziehen oder den Lebensunterhalt selbst zu verdienen), kann ich beim besten Willen nicht sagen, da ich aufgrund meiner wohlhabenden sowie großzügigen Eltern, welche im Übrigen auch der Meinung sind, dass ein Kind die ersten drei Jahre zu seiner Mutter gehört, nie vor dieser Frage stand. Ansonsten haben wir allerdings mehr als genug Probleme; so befinde ich mich seit 3,5 Jahren mit Julikas Vater im permanenten Rechtsstreit, seit bald einem Jahr im Sorgerechtsstreit (siehe diesbezüglich meine Beiträge zu dieser Thematik/Problematik in diesem Forum; ich möchte mich nicht permanent wiederholen …). Mit meiner Maus war ich auch bereits in einer sogenannten Therapie (die ich aber nicht ernst nehmen konnte); jetzt starten wir gerade unseren zweiten Versuch … Im Übrigen legte meine Tochter, bevor sie im Mai letzten Jahres in den Kindergarten kam, auch oft aggressives Verhalten an den Tag. Dies hat sich allerdings weitestgehend gelegt, was nicht heißt, dass sie nicht weiterhin Auffälligkeiten zeigt. Meine Güte! Von 7 Uhr bis 17.30 Uhr ohne feste Bezugsperson/ohne Mama – und das mit zwei Jahren! Ich bin der Meinung, dass unser Staat diesbezüglich versagt. Eine allein erziehende Mutter, welche ihr Kind nicht so lange “weggeben” will, sollte eine andere Unterstützung erhalten als den üblichen Hartz-IV-Satz. Zudem muss man in eurem Fall bedenken, dass dein Sohn mit einem Jahr die Trennung von seinem Vater erleben musste. Wenig später die “Trennung” von dir … Meine Tochter kommt bis zum heutigen Tage nicht damit klar, dass sie nicht mit Mama und Papa zusammen aufwächst. Und das überrascht mich keinesfalls … Dass euer ehemaliger Psychologe deinem Sohn eine “emotionale Störung” diagnostiziert hat, irritiert mich insofern, als dass es sich bei dieser Diagnose um ein sehr weites Feld handelt. Es gibt schließlich emotionale Störungen diverser Art, so beispielsweise eine emotionale Störung mit Trennungsangst, Phobische Störungen etc. Vgl. diesbezüglich den ausführlichen Artikel bei “WIKIPEDIA”, welchen du unter folgendem Link findest:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Emotion…s_Kindesalters

    Wurde keine konkrete(re) Diagnose gestellt? Welche Erklärungsansätze hatte euer ehemaliger Kinderpsychologe für das Verhalten deines Sohnes? Liebe Bontty, in deinem ersten Beitrag schreibst du sehr viel über die Probleme, welche dein Sohnemann in der Schule sowie im Hort hat. In deinem zweiten Beitrag hingegen klingt die Situation längst nicht so dramatisch. Gibt es also auch Tage, an denen dein Schatz keinerlei aggressives Verhalten an den Tag legt? Da ich selbst examinierte Lehrerin bin und auch bereits im Grundschulbereich tätig gewesen bin, kann ich dir aus eigener Erfahrung mitteilen, dass die verbalen Beurteilungen, wie du sie beispielsweise von der Sportlehrerin wiedergibst, oft recht “milde” formuliert werden – und es zudem hinreichend Grundschullehrerinnen gibt, welche fast bei allen Kindern ähnliche Standard-Formulierungen verwenden. “Nach anfänglichen Schwierigkeiten …” ist allerdings schon eine recht starke Einschränkung. Ich habe immer wieder erlebt, wie geschockt Eltern über das erste Notenzeugnis ihrer Kinder (in Schleswig-Holstein gibt es dieses an einigen Schulen erst im zweiten Halbjahr der 3. Klasse) waren, auf welchem zahlreiche Dreien und Vieren erschienen. Die verbalen Beurteilungen zuvor hatten bei besagten Eltern den Eindruck erweckt, ihr Kind würde sich durchweg im sehr guten/guten Bereich bewegen. In Nebenfächern wie Sport beschränken sich diese Beurteilungen zudem ohnehin auf ein bis zwei Sätzchen. Schätzt die Klassenlehrerin deines Sohnes ihn, was seine Leistungen angeht, auch als sehr gut bzw. gut ein? Oder wie lautet ihre (hoffentlich ausführliche) verbale Beurteilung? Auf der Grundlage meiner bisherigen Erfahrungen als Lehrerin kann ich konstatieren, dass es am Ende der Stunde (oder besser gesagt: zu Beginn der Pause) für mich stets in Stress ausartete, wenn ich in etliche Hausaufgabenhefte meiner ehemaligen Schüler eintragen sollte, wie sie sich beispielsweise im Fach Deutsch benommen haben, wie ihre Mitarbeit war etc. Ich bin aber auch nicht der Lehrer-Typ, welcher pauschal “in Ordnung” einträgt, sondern den Sachverhalt schon etwas differenzierter und “ehrlicher” darstellen möchte. Was wäre beispielsweise, wenn dein Sohn sich in einigen Bereichen erfreulich verhalten hätte, in anderen weniger “berauschend”? Würde er dann einen Smiley erhalten – oder nicht? Sieht dein Sechsjähriger sein eigenes Fehlverhalten (im Nachhinein) eigentlich ein? Kann er dir beispielsweise erklären, was ihn in einer ganz bestimmten Situation während des Unterrichts oder im Hort so wütend gemacht hat, dass er aggressiv geworden ist?

    Ganz liebe Grüße von Ulrike

  5. 24.02.2014, 10:37 Sohn, 6 J., in Schule eigensinnig, explosiv und aggressiv #5

    Liebe Ulrike, ein ganz herzliches Dankeschön für deine ausführliche Antwort! Das weiß ich sehr zu schätzen, vor allem wo du selbst eigentlich genug eigene Probleme hast, die dich beschäftigen. Ich hoffe, bei euch geht alles gut aus! Unser ehemaliger Psychologe hat leider kaum erklärt, was die Ursachen für das Verhalten meines Sohnes sein könnten. Trennungsängste spielen auf jeden Fall eine Rolle, aber nicht nur. Er ging vor allem davon aus, dass schlicht und ergreifend Fehler in seiner Erziehung gemacht wurden/werden. Er nahm an, dass wir (Eltern und Erzieher) ihn nicht so annehmen, wie er ist, und sein Verhalten nicht “aushalten” könnten. Hierzu kann ich sagen, dass ich sicherlich nicht perfekt bin, aber im Gegensatz dazu kann ich seiner Kita-Erzieherin absolute Professionalität bescheinigen. Sie hat sich in allem immer mit mir abgesprochen, stand mir in Erziehungsfragen immer hilfreich beiseite und war dabei alles andere als lieblos oder überzogen streng mit meinem Sohn. Unser Hauptaugenmerk war das Grenzen setzen und einhalten, damit er Sicherheit hat. Und natürlich haben wir daran gearbeitet, dass er lernt mir seinen Gefühlen umzugehen, die er immer sehr ausgeprägt erlebt (es gibt zwischen ausgeglichen und total wütend oder total glücklich kaum ein Zwischending). In der Kita konnte er auch überschüssige Kräfte oder Aggressionen sportlich abbauen. Die Arbeit war ja auch von Erfolg gekrönt. Nur, wenn er bei seinem Vater war, gab es regelmäßig Rückschläge. Er setzt nämlich überhaupt keine Grenzen, es gibt keine festen Regeln und selbst wenn mein Sohn eine Grenze setzt (er mag es z.B. nicht so gern, wenn er einfach abgeknutscht wird), wird die einfach nicht beachtet. Freundliche Hinweise, dass das nicht gut für unseren Sohn ist, ignoriert er gekonnt. Er ist sogar der Meinung, dass das schlechte Verhalten nur meine Schuld ist, weil unser Sohn ja die meiste Zeit bei mir verbringt… Zu Hause gibt es auch Tage (sogar viele), an denen mein Sohn kein aggressives Verhalten zeigt. In der Schule wird das sicherlich auch so sein. Leider kann ich das nicht so genau sagen, denn hier stimmt die Kommunikation nicht. Oft bekomme ich nur eine Rückmeldung, wenn ich explizit nachfrage, und ohne nachzufragen bekomme ich immer nur Rückmeldungen, wenn ein Tag besonders schlecht gelaufen ist. Hier ein Beispiel: _________________________ Klassenlehrerin an mich: in der 3. Stunde hatte … recht gut gearbeitet (1/2 Klasse, Schreibaufgabe). Dann war er beim Sozialen Lernen. Ab der 2. gr. Pause verlor er aber wieder mehrfach die Beherrschung, weigerte sich auf den Hof zu gehen und ging später auf Mitschülerinnen mit der Faust los bzw. hielt sie an den Haaren fest. Er warf Gegenstände (v.a. Radiergummi) durch den Raum, trat gegen eine Schultasche vom Mitschüler, störte bewusst durch Zwischenrufe und stellte sich dann im Unterricht aufs Fensterbrett, um zwischen den Jalousien hindurch aus dem Fenster zu spucken. Auf Worte reagierte er nicht, ich musste jeweils selbst dazwischengehen und ihn auch vom Fensterbrett herunterheben, wobei er seinen Unmut heute auch erstmalig sehr deutlich gegen mich richtete und dies nicht mehr nur andeutete („Quetschen“ meiner Hand). Am Ende war er mit der Lesepatin vor der Tür…. Ein „normaler“ Unterricht ist dann kaum möglich. Ich werde in den nächsten Tagen nachforschen, was für Möglichkeiten zur besseren Unterrichtsgestaltung für alle Betroffenen bestehen und Sie erneut informieren. Meine Antwort: vielen Dank für die Informationen, ich habe heute Morgen mit … darüber gesprochen. Mir ist es immer wichtig, zu erfahren, was denn der Grund für das plötzlich viel schlechtere Verhalten ist (abgesehen von Müdigkeit). Konnten Sie mit den Sozialpädagogen sprechen, ob irgendetwas beim Sozialen Lernen vorgefallen ist? Die Sache mit dem Fensterbrett finde ich allerdings sehr grenzwertig. Wenn er aus dem Fenster spucken wollte, muss das Fester ja geöffnet gewesen sein! Da sollte unbedingt vorher eingegriffen werden. Da … nun schon zusätzlich mit der einen Stunde in der Schulstation gefördert wird, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es die Möglichkeit gibt, eine weitere Lehrkraft mit sonderpädagogischem Schwerpunkt anzufordern, wenn die zusätzliche Förderung keine Besserung seines Verhaltens zeigt. Vor allem bei Zwischenfällen, die sofortiges Eingreifen erfordern (wie die Sache mit dem Fenster oder wenn … andere Kinder verletzt), ist eine weitere Person sinnvoll. Außerdem möchte ich nochmals darum bitten, die Förderung in eine 5. Stunde zu verlegen, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Hier zu Hause kann ich leider nur im Nachhinein mit … darüber sprechen und sein Verhalten dadurch nur indirekt beeinflussen. Zumal er sich zu Hause in letzter Zeit sehr gut verhält, so dass er kaum Stress von hier mit in die Schule bringt. Vielleicht sollten wir dazu noch einmal telefonieren? Klassenlehrerin an mich: danke für die schnelle Antwort. Heute war … Verhalten relativ gut, keine wirkliche Störung im Unterricht. Die Gespräche mit Ihnen scheinen zu wirken. Die Klasse hatte zudem 2 x Teilungsunterricht. Für eine Förderung in der Schulstation waren nur noch wenige Stunden frei, leider nicht mittwochs/freitags in der 5. Std.. Und aus Mathe und Sport wollten wir … auch nicht rausnehmen…

    Ich hatte Frau … (Klassenlehrerin der 1/2 e, Sonderpädagogin) bereits die Situation geschildert und ihr Notizen mit der Bitte um Weiterleitung an die zuständige Kontaktperson für sonderpäd. Förderung gegeben, in der Hoffnung, doch noch eine Förderungsmöglichkeit/Unterstützung für … vor der 3. Klasse zu erhalten. Sie hat mir nicht viel Hoffnung gemacht.

    Ich werde mich beraten, welche Maßnahmen nun sinnvoll sind (Klassen- oder Schulhilfekonferenz), was wir (rechtlich) beschließen können und wollen, z.B. ob … die 5. Stunde schon im Hort verbringen kann o.ä.,…. Die Räumlichkeiten in der Klasse lassen einen wirklichen Rückzug nicht zu, leider, zumal … auch nicht immer leise bleibt. Da wir alle in unsere festen Zeiten eingebunden sind, finden sich nicht immer schnell Besprechungszeiten für einen kollegialen Austausch. In der nächsten Woche weiß ich hoffentlich mehr. ___________ Oft habe ich das Gefühl, dass sich seine Klassenlehrerin und die Erzieherin nicht die Mühe geben, die angebracht wäre. Oder aber sie sind hoffnungslos überfordert. Vor allem in der Frage der Ursache des Konflikts können sie mir oft keine Info geben. Ich befürchte oft, dass meinem Sohn häufig einfach die Schuld gegeben wird. Er glaubt das auch, sonst würde er nicht vor Angst Ärger zu bekommen immer vor den Schlichtungsgesprächen davonlaufen (das bekomme ich oft von der Erzieherin zu hören). Die deutliche Einschränkung in der Beurteilung von seiner Sportlehrerin kann ich erklären: Am Anfang des Schuljahres hat mein Sohn sich geweigert, am Sportunterricht teilzunehmen (er wollte nicht mal mit in die Turnhalle gehen und musste regelrecht von seiner Klassenlehrerin hingetragen werden). Das habe ich aber erst nach Wochen beim ersten Elterngespräch erfahren (wie gesagt, die Kommunikation ist einfach schlecht…). Daraufhin habe ich mit meinem Sohn darüber gesprochen und seitdem geht er freiwillig mit in die Sporthalle und hat kurze Zeit später auch fröhlich mitgemacht. Wie genau seine Leistungen seitdem sind, kann ich natürlich nicht beurteilen. Für die anderen Fächer gab es leider keine verbale Beurteilung. Hier wurden die Leistungen in Form von Kreuzen in den Spalten “klappt immer”, “klappt schon oft” und “klappt noch selten” bewertet. Im Rahmen eines Elterngesprächs wurden die Leistungen im Fach Deutsch, Sachkunde und im Sozialverhalten noch erklärt. Im Sozialverhalten stehen fast alle Kreuze bei “klappt noch selten”. In Deutsch und Sachkunde stehen die meisten Kreuze bei “klappt schon oft”, einige bei “klappt immer” (er hat super schnell Lesen gelernt und schreibt schon Sätze fast lautgetreu). In Mathe stehen die Kreuze zur Hälfte bei “klappt immer” und zur Hälfte bei “klappt schon oft”. Die Bewertungen decken sich auch mit den Leistungen, die er zu Hause bei den Hausaufgaben und beim Lesen zeigt. Hier ist er immer mit Freude und Können bei der Sache. Für gutes Verhalten bekommen die Kinder anscheinend während des Unterrichts positive Rückmeldungen, aber davon gelangt nichts nach Hause. Das Heft, in dem die Kinder Stempel bzw. Smiley für “Ich melde mich, bevor ich etwas sage” oder “Ich ziehe meine Hausschuhe an” bekommen, bleibt in der Schule. Für ein eventuelles Belohnungssystem zu Hause, bräuchte ich tägliche Rückmeldungen von seiner Lehrerin und Erzieherin. Ich befürchte, das wird schwer zu erreichen…

    Sein Verhalten kann mein Sohn im Nachhinein richtig einschätzen. Er weiß im Nachhinein, dass er nicht hätte hauen, treten etc. sollen, sondern sich im Konfliktfall direkt an einen Streitschlichter (das sind Sechtsklässler in den großen Pausen auf dem Schulhof) oder eine Erzieherin/Lehrerin wenden sollen. Leider schafft er das während des Konflikts nicht. Er wird dann sozusagen zu stark von seiner Wut in Anspruch genommen. Auch kann er im Nachhinein berichten, warum er wütend geworden ist. Das sind oft “Kleinigkeiten”, wie wenn ein anderes Kind ihm ein Spielzeug weggenommen hat oder wenn ein Mitschüler “R+C=

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