30.03.2008, 20:09 Lexikon: Unfruchtbarkeit #1
Lexikon: Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit (auch Sterilität oder Infertilität) bezeichnet in der Biologie die Unfähigkeit, gesunde Nachkommen hervorzubringen. Unfruchtbarkeit beim Menschen beschreibt die Unfähigkeit eines Paares, ein gesundes Kind zu zeugen, auszutragen oder zur Welt zu bringen. Ein Paar gilt als steril, wenn trotz bestehenden Kinderwunsches nach einem Jahr regelmäßigem ungeschützen Verkehrs eine Empfängnis ausbleibt. Infertilität hingegen bezeichnet die Unfähigkeit, eine Schwangerschaft bis zur Geburt auszutragen. Diese Auffassung orientiert sich an der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Seit einiger Zeit gewinnt auch die Auffassung der ESHRE (Europäische Gesellschaft für Humane Reproduktion und Embryologie) zunehmend an Bedeutung, die erst nach zwei Jahren von Sterilität sprechen will und damit den veränderten Lebensbedingungen in den westlichen Industrienationen Rechnung trägt, zum Beispiel der größeren Mobilität der Partner.
Epidemiologie
10% der Paare benötigen länger als 2 Jahre, um Kinder zu bekommen. 3-4% der Paare bleiben ungewollt kinderlos. 50% der Unfruchtbarkeit beruht auf rein weiblichen Ursachen, 30% auf rein männlichen Ursachen und in 20% der Fälle sind kombinierte Ursachen zu finden. Je später der Wunsch zur Familiengründung, desto höher die Unfruchtbarkeit. [1] [2]
Unfruchtbarkeit bei Frauen
Faktoren die zur Unfruchtbarkeit führen können: * Ovulationsschwierigkeiten * blockierte Eileiter (unterbrochen/verklebt/verengt) * Hormonelle Störungen (Hyperprolaktinämie, Hypothyreose, Hyperandrogenämie) * Endometriose * Unfähigkeit der befruchteten Eizelle sich in der Gebärmutter einzunisten * Unfähigkeit eine Schwangerschaft erfolgreich zu beenden * Genetische Defekte * Perniziöse Anämie / Vitamin-B12-Mangel * Das Alter. Die Fruchtbarkeit der Frau nimmt ab dem 30. Lebensjahr ab, sowohl in der Empfängnis- als auch der Gebärfähigkeit. * Infektion durch eine sexuell übertragbare Erkrankung wie beispielsweise Chlamydien oder Gonorrhoe (Tripper) * Starkes Rauchen schädigt den Uterus und verringert die Fertilität, denn die befruchtete Eizelle kann sich nur schwerer im Endometrium einnisten. In einer Studie wurde die Hälfte der Frauen, die rauchten, schwanger, bei starken Raucherinnen war es nur ein Drittel der Frauen.[3] Primäre Sterilität bezeichnet das Nichteintreten einer Schwangerschaft nach einem Jahr regelmäßigen Geschlechtsverkehrs ohne Verhütungsmittel bei einer Frau, die noch nie konzipiert hat. Unter sekunderärer Sterilität versteht man das Nichteintreten einer Schwangerschaft nach einem Jahr regelmäßigen Geschlechtsverkehrs ohne Verhütungsmittel bei einer Frau, bei der mindestens eine Schwangerschaft (gleichgültig ob es sich um einen Abort oder eine Extrauteringravidität gehandelt hat) vorausgegangen ist.
Unfruchtbarkeit bei Männern
Der Hauptfaktor ist hier die Qualität des Spermas; der Mann kann zu wenige oder keine Spermien produzieren, oder die produzierten Spermien können zu unbeweglich sein oder aufgrund verschlossener Samenleiter nicht nach außen gelangen. Alkohol- und Drogenmissbrauch können genau wie Umweltschadstoffe oder die berufsbedingte Schadstoffexposition die Samenqualität beeinflussen. Auch Krankheiten wie Bauchhoden, Leistenhoden oder Mumps können zu lebenslänglich verminderter Samenqualität führen. Temporär kann die Qualität der Spermien durch den Besuch von Sauna oder Whirlpool beeinträchtigt werden, da die Hitze die Spermien zerstören kann. Nach der Hitzeeinwirkung gebildete Zellen werden davon jedoch nicht beeinflusst. Andere Ursachen können Körperfunktionsstörungen oder retrograde Ejakulation sein, d.h. das Sperma wird bei der Ejakulation in die Harnblase anstatt zur Penisöffnung geleitet. Untersuchungen zeigen ferner, dass die Samenqualität mit dem Alter abnimmt. Außerdem kann ionisierende Strahlung eine Unfruchtbarkeit verursachen. Zum Schutz tragen sowohl Patienten als auch Personal die Röntgenstrahlen ausgesetzt werden, eine Schürze aus Blei, die die Geschlechtsorgane vor der Strahlung schützt. * Perniziöse Anämie / Vitamin-B12-Mangel Immunologische Inkompatibilität der jeweiligen Partner [Bearbeiten] In wenigen Fällen kann der Vaginaltrakt eine immunologische Reaktion gegen Bestandteile des Spermas – nicht gegen die Spermien selbst – aufweisen. Für das weibliche Immunsystem ist es nicht selbstverständlich, einen Embryo, der zur Hälfte aus fremden Genen besteht, im eigenen Körper zu dulden. Im Extremfall verhindert eine Immunreaktion die Befruchtung, in seltenen Fällen kann eine immunologische Inkompatibilität der Gene Unfruchtbarkeit verursachen. Auch im Vorfeld der Fortpflanzung kann es zu weiblichen Immunreaktionen gegen Teile von männlichen Sexualsekreten kommen. Forscher haben herausgefunden, dass bestimmte Sexualpraktiken helfen können, die für eine Befruchtung notwendige Immuntoleranz der Frau aufzubauen (vergl. untenstehenden Weblink).
Diagnostik
Die Diagnostik bei einem unerfüllten Kinderwunsch gehört immer in die Hände von Spezialisten. Grundsätzlich müssen dabei sowohl der Mann als auch die Frau mitwirken, da bei beiden mögliche Ursachen (s.o.) liegen können. Als erstes wird grundsätzlich eine umfassende Anamnese erhoben. Dabei erfragt der behandelnde Arzt: Wie lange besteht bei Ihnen ein Kinderwunsch? Waren Sie schon früher wegen Ihres Kinderwunsches in ärztlicher Behandlung? Haben Sie eine eigene Erklärung für Ihre Kinderlosigkeit? Wie sehr leiden Sie beide unter der Kinderlosigkeit? Was hat sich in Ihrem Leben seit der Unfruchtbarkeit verändert (Partnerschaft, Beruf, Selbstwertgefühl)? Zur Untersuchung des Mannes gehören: Tast- und Ultraschalluntersuchung; Untersuchung des Samens (Spermiogramm); Hormonspiegeluntersuchung; Genetische Untersuchungen; Zur Untersuchung der Frau gehören: Tastuntersuchung; Ultraschall; Hormonwertuntersuchung; Eileiteruntersuchung; Bauchspiegelung; Gebärmutterspiegelung;
Behandlungsmöglichkeiten
Es gibt verschiedene Möglichkeiten Unfruchtbarkeit zu behandeln, abhängig von der Ursache: * Künstliche Insemination, dabei wird der Frau aufbereitetes Sperma des Partners in den Gebärmutterhals eingeführt. * Hormonell herbeigeführter Eisprung, z.B. durch das Medikament Clomifen * Chirurgische Maßnahmen in Fällen blockierter Eileiter * chirurgische und eventuell hormonelle Behandlung von Endometriose, häufig gefolgt durch * Künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation, IVF), dabei werden der Frau, nach einer durch eine Hormonbehandlung hervorgerufenen Hyperovulation (das gleichzeitige Heranreifen mehrerer Eizellen), mehrere reife Eizellen entnommen, außerhalb des Körpers (in vitro) befruchtet (maximal vier Eizellen) und wieder in die Eileiter der Frau eingesetzt (Embryonentransfer, ET). * Eileiter-interner Keimzellentransfer (Intratubarer Gametentransfer), hier werden Eizellen und Sperma in die Eileiter gepflanzt, was die Befruchtung der Eizelle im Körper der Frau ermöglicht * Der Transfer einer befruchteten Eizelle, ähnlich wie bei der künstlichen Befruchtung, nur im Eileiter statt in der Gebärmutter * Eizellenspende einer anderen Frau (in Kombination mit künstlicher Befruchtung) * Das direkte Einführen von Spendersamen in die Gebärmutter * Intracytoplasmatische Spermieninjektion, wobei ein einzelnes Spermium direkt in eine Eizelle injiziert und diese dann per künstlicher Befruchtung in die Gebärmutter gepflanzt wird (ICSI). * Eine Leihmutter, die das Kind austrägt. (In Deutschland und Teilen der EU strafrechtlich verboten, in Großbritannien sind Leih- und Ersatzmutterschaft grundsätzlich erlaubt, allerdings stehen die gewerbsmäßige Beteiligung an der Erstellung und Aushandlung von Vereinbarungen über die Ersatzmutterschaft einschließlich der Herstellung des dafür erforderlichen Kontakts und der Zusammenstellung von Informationen mit der Absicht, sie bei der Aushandlung der Vereinbarung zu verwenden, unter Strafe. Auch die gewerbliche Veranlassung Dritter, entsprechende Handlungen vorzunehmen sowie die Suche nach einer Ersatzmutter oder das Anbieten der Ersatzmutterschaft in Zeitungen etc sind strafbar (näher: Sec. 2, 3 Surrogacy Arrangements Act 1985)). Für die angewendeten Therapien gibt es folgende Erfolgserwartungen: Hormonstimulation mit Tabletten 1 bis 10 Prozent Erfolgsrate Hormonstimulation und Insemination 10 bis 12 Prozent Erfolgsrate IVF/ICSI 20 bis 30 Prozent Erfolgsrate
Moralische Aspekte
Es gibt viele moralische Debatten, die sich mit Unfruchtbarkeit und ihrer Behandlung beschäftigen, mit besonderer Rücksicht auf beteiligte Embryonen. Manche Religionen missbilligen einige oder sogar alle Fruchtbarkeitsbehandlungen, andere Religionen haben keinerlei Probleme damit. Eine Nebendiskussion beschäftigt sich damit, ob die Behandlung durch gesetzliche Krankenkassen finanziert werden sollte – und wenn ja, wie oft.
Tiefenpsychologie
Im tiefenpsychologischen Sinn steht die Unfruchtbarkeit einer Person oder eines Volkes (eines Landes) für einen Mangel an Schaffenskraft, Kreativität und Stärke, wie in Genesis 16,1, wo die Unfruchtbarkeit Sarais beschrieben wird.
Quelle: wikipedia.de