-
12.08.2015, 14:13 Der “perfekte Zeitpunkt” oder … Zeit vs. Geld #1
Eine meiner Kolleginnen ist zum ersten Mal schwanger und geht in knapp 3 Monaten in Mutterschutz. Unser Chef freut sich zwar für sie, findet es aber aus geschäftlicher Sicht jetzt nicht so toll. Die Kollegin leitet seit etwa einem Jahr unsere Hauptgeschäftsstelle und arbeitet dort in Vollzeit. Sie hat zwar angekündigt, dass sie direkt nach dem Mutterschutz zurück kommt, aber ob’s dann wirklich so sein wird und ob sie dann vor allem auch noch in VZ arbeiten wird, ist noch unklar. Sie selbst freut sich natürlich auf das Baby, ist mit dem Vater des Kindes auch zusammen und hätte auch zu keiner Zeit in Erwägung gezogen, das Kind nicht zu bekommen. Trotzdem ist sie über den Zeitpunkt der Schwangerschaft nicht ganz glücklich. Der Vertrag gerade erst unbefristet, leitende Position, wenig Zeit. Als ich mich letzten Freitag mit meinen Kolleginnen zum Essen traf, kam dann auch J.’s Schwangerschaft zur Sprache und schon bald diskutierten wir über die Frage nach dem “richtigen Zeitpunkt” zum Schwangerwerden oder was ist wichtiger: Genug Zeit zu haben oder genug Geld? Wie J.’s Situation vor ihrem jetzigen Job war, weiß ich natürlich nicht, aber ich weiß, wie es bei mir / uns war und aktuell ist. Und rückblickend (aber auch aktuell) betrachtet, finde ich nirgendwo den Punkt, an dem ich sagen würde: Das passt. Vor etwa 3-4 Jahren (vor Beginn meiner Umschulung) hätte ich die Zeit gehabt, ein zweites Kind zu bekommen. Aber finanziell standen wir quasi mit dem A**** an der Wand, hätten es uns überhaupt nicht leisten können. Dann kam die Umschulung, ich war Vollzeit eingespannt und finanziell sah es zudem trotzdem nicht viel besser aus. Nach der Umschulung wollte ich in meinem erlernten Beruf arbeiten. Also wieder keine Zeit für ein Kind, denn danach wäre ich eine Bürokauffrau ohne Berufserfahrung gewesen, deren Abschluss mindestens 1 Jahr zurückgelegen hätte. Dann fing ich an, in Teilzeit zu arbeiten. Die Zeit wäre dagewesen, das Geld auch. Aber der Vertrag war befristet und wäre vor dem Hintergrund einer Schwangerschaft sicher nicht verlängert worden; was legitim ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Vertrag unbefristet und ich verdiene gut. Aus finanzieller Sicht also passend; aus zeitlicher Sicht überhaupt nicht. Was ich damit sagen will ist … Wie man es dreht und wendet – Zeit und Geld lässt sich in diesem Fall überhaupt nicht unter einen Hut bringen. Oder aber, man ist in der Zwischenzeit einfach zu alt geworden, weil man zu lange versucht hat, genug Geld anzuhäufen, damit man sich die nötige Zeit “erkaufen” kann.
Meine Gedanken sind ein wenig verworren, oder?
Wir hatten schon mal ein ähnliches Thema; damals ging es um “späte Mütter” und die Frage, ob man egoistisch ist, wenn man sich mit dem Kinderkriegen Zeit lässt bzw. man im “gesetzteren Alter” noch (mal) Kinder haben möchte. Ich frage mich … Was ist schlimmer? Jung Kinder zu bekommen, denen man dann finanziell wenig (oder gar nichts) bieten kann, weil man keine Zeit dafür hatte, Geld anzusparen; dafür aber Zeit en masse hat? Spät Kinder zu bekommen, denen man finanziell viel (oder alles) bieten kann, für die man aber kaum bis gar nicht Zeit hat, weil die Karriere weiterlaufen muss? J. kann nach Geburt und Mutterschutz wieder anfangen zu arbeiten und ihre alte Position wieder einnehmen. Doch zu welchem Preis? Ich möchte keine Mutter sein, die ihr 3 Monate altes Baby von morgens bis abends in die Krippe oder zur Tagesmutter gibt, um im Job bleiben zu können. Ich möchte aber auch keine Mutter sein, die den Job (und damit die finanzielle Sicherheit) aufgibt, um genug Zeit fürs Kind zu haben.
Ist vielleicht ein wenig schwarz-weiß-Denken. Es gibt bestimmt auch Möglichkeiten dazwischen. Aber wenn nicht?
Für welche Variante würdet Ihr Euch dann entscheiden?
-
12.08.2015, 14:30 Der “perfekte Zeitpunkt” oder … Zeit vs. Geld #2
Damien ist ja auch zu einer sehr inopportunen, weil nicht geplanten Zeit gekommen. Ich bin die Alleinverdienende unserer Familie, mein Mann studiert, und wird es möglicherweise noch einige Zeit tun. Zudem hatte ich meinen Job erst 1.5 Jahre, der Verdienst steigt mit der Zugehörigkeit, also war das Elterngeld noch nicht besonders hoch, und gleichzeitig musste aber eine größere Wohnung her, weil meine eigentlich Jungessellenbude, in die mein Mann sich dann auch noch gezwängt hat, dafür völlig ungeeignet war. Aber irgendwie geht es immer, meiner Erfahrung nach. Mein Vater hat uns Geld geliehen für eine Eigentumswohnung, aus der dann aber nichts geworden ist. Dafür haben wir eine zentrale und recht billige Wohnung gefunden, die groß genug war. Ich war ein Jahr zu Hause, bin dann sofort wieder in Vollzeit gegangen, weil wir das Geld einfach brauchten, konnte aber mit Homeoffice viel Zeit sparen. Ich bin damit aber sehr glücklich und Damien kommt damit auch gut klar. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen länger mit Kind zu Hause zu bleiben. Ich finde einen ganzen Tag Kind bespaßen wesentlich anstrengender als Arbeiten gehen.
Falls es mal ein weiteres Kind geben sollte, dann wäre ich auch bereit nach 1 Jahr Elternzeit noch Halbtags zu Hause zu sein, aber mehr wäre für mich auch gar nicht drinne. Ich bin nicht so die Baby-Mama, ich brauche meine Freiräume, und glücklicherweise empfinde ich Arbeit auch als meinen Freiraum.
-
12.08.2015, 15:39 Der “perfekte Zeitpunkt” oder … Zeit vs. Geld #3
Die Möglichkeit, nach der Geburt Teilzeit und/oder im Home Office zu arbeiten, ist natürlich der Idealfall. Damit lässt sich Kind und Karriere bzw. Zeit und Geld dann doch irgendwie unter einen Hut bringen. Aber wenn man diese Option nicht hat? J. z.B. hat zwei Optionen: in Vollzeit auf ihre jetzige Position zurückkommen, gleiches Gehalt wie vorher verdienen und das Kind ganztags betreuen zu lassen. Oder aber in Teilzeit zurückkommen, dementsprechend mehr Zeit fürs Kind haben, dafür aber Geld einbüßen und finanziell entsprechend schlechter dastehen. Die Karriere lasse ich da mal außen vor. Und was, wenn man solche Optionen gar nicht hat? Sprich: Entweder zu gleichen Bedingungen zurückkommen wie vor der Schwangerschaft, oder gar nicht. Oder: Entweder direkt nach dem Mutterschutz zurückkommen oder aber nach Ende der Elternzeit zu stark beschnittenen Konditionen. Ich kann mich noch daran erinnern, wie es bei mir war, als ich mit Finja schwanger war. Damals arbeitete ich Teilzeit (120 Std.) in einer Spielhalle. Ziemlich zu Beginn der Schwangerschaft bekam ich BV, da in der Spielhalle geraucht wurde. Ich nahm 2 Jahre Elternzeit und wollte dann mit 80 Std. / Woche wieder einsteigen. Dazu hätte ich meine Arbeitszeiten mit denen meines Mannes abgestimmt.
Meine Optionen waren damals: Entweder, Du kommst so zurück, wie Du gegangen bist oder Du steigst aus. Ich stieg aus, verzichtete auf den Lohn und hatte massig Zeit für mein Kind. Finanziell ging es uns allerdings bescheiden und ich frage mich, ob es nicht besser gewesen wäre, es andersherum zu handhaben …
-
12.08.2015, 15:49 Der “perfekte Zeitpunkt” oder … Zeit vs. Geld #4
Hm, ich habe noch nie irgendwo befristet gearbeitet, ich kenne mich damit also nicht aus. Und wenn man eine unbefristete Stelle hat, hat man ja das Recht auf seine Elternzeit (ich glaube man hat sogar das Recht auf Teilzeit).
Aber für mich wäre die Option ganz klar sofort wieder Arbeiten, Kind bleibt bei Tagesmutter, Vater, Großeltern. Nur wenn mein Mann ausreichend verdienen würde zu Hause bleiben und neuen Job suchen. Kind dann mit 1 Jahr auf jeden Fall zur Tagesmutter. -
13.08.2015, 19:03 Der “perfekte Zeitpunkt” oder … Zeit vs. Geld #5
Scheinbar ist nie der richtige Zeitpunkt und selbst wenn man denkt, es sei perfekt, kann immer etwas dazwischen kommen. Also, ich denke mal, wenn deine Kollegin nicht wirklich ein Kind gewollt hätte, dann hätte sie richtig verhütet, es sei denn, es war eine ,,Panne”. Aber direkt nach dem Mutterschutz wieder voll arbeiten zu gehen ist schon hart. Mir fällt sofort ,,Stillen” ein. Und- für so ein kleines Kind eine Betreuung zu finden ist nicht einfach. Nur wenige Krippen nehmen so kleine Säuglinge auf und auch bei Tagesmüttern ist das nicht so einfach. Vor der Geburt geht im Grunde keine Anmeldung und dann wären nur noch wenige Wochen Zeit. Klar früher (zu frühen DDR-Zeiten) war es ganz normal schnell und Vollzeit wieder arbeiten zu gehen und das Kind in die Krippe zu geben, erst 1985 wurde das (bezahlte) Babyjahr eingeführt.
Geld- es kommt darauf an, wie wenig Geld man hat, ob es wirklich kaum zum überleben reicht. Oder- ob man nur hohe Ansprüche, sich viel leisten will. (Das erinnert mich wieder an enfernte Bekannte mit gut 5000€ netto, welche sich kein Kind leisten könnten )
Wenn man sich einschränkt und sparsam ist, ist vieles machbar, aber geht eben nicht immer. Ein Haushaltsbuch, eine Berechnung der Ein- und Ausgaben kann da helfen. Wie sind nur unsere Vorfahren zurechtgekommen? Da kamen die Kinder einfach, nur der Mann arbeitete … Kinder sind irgendwie zum Luxusgut geworden. Ich finde es besser, ein Kind wächst mit Sparsamkeit, Einschränkungen auf, als mit unbegrenzten Luxus. Und gerade sehr gut verdienende Eltern wollen oft die fehlende Zeit mit großen Geschenken wettmachen.
Zeit finde ich -bis zu einem bestimmten Punkt- wichtiger als Geld.
-
Gestern, 13:17 Der “perfekte Zeitpunkt” oder … Zeit vs. Geld #6
Das heißt also, Du würdest im Falle meiner Kollegin, eher den Job auf Eis legen und auf Geld verzichten, um mehr Zeit fürs Kind zu haben? So habe ich auch mal gedacht bzw. denke eigentlich auch immer noch so, deshalb tue ich mich momentan extrem schwer damit, ganz anders zu leben, als ich es eigentlich wollte. Die Gedanken an dieses Thema kommen bei mir nicht von ungefähr. Ich grübele schon seit längerem darüber; eigentlich schon seit dem Zeitpunkt, als wir Finja für die Ganztagsbetreuung angemeldet haben und die Warterei losging, ob wir einen Platz bekommen. Diese sind nämlich immer heiß begehrt. Ich wollte nie Vollzeit arbeiten, so lange meine Tochter noch so klein ist, dass sie betreut werden muss. Sprich; nicht vor Ende der Grundschulzeit. Und jetzt befinde ich mich in einer Position (zugegebenermaßen ja “selbstverschuldet”), in der ich nicht mal “einfach so” die Stunden wieder herunterschrauben könnte. Jetzt befindet sich mein knapp 7-jähriges Kind von morgens 7.30 Uhr bis nachmittags 16.30 Uhr in der Schule; wenngleich sie dort auch verpflegt wird und man sie bei den Hausaufgaben betreut. Dafür zahlen wir, gemessen an unserem monatlichen Einkommen, rundgerechnet 130 Euro im Monat und müssen, den Vollzeit-Stellen sei Dank, nicht jeden Euro 5 mal umdrehen. Finja hat nun zwar adäquate Hausaufgabenbetreuung, kann den ganzen Nachmittag mit anderen Kindern verbringen und nimmt in der OGS an verschiedenen AGs teil, die gemeinsame Familienzeit beschränkt sich dafür aber auf die Wochenenden. Denn wenn sie abends nach Hause kommt, spielt sich im Prinzip nichts mehr ab. Hausaufgaben auf Vollständigkeit kontrollieren, Abendessen, bettfein machen, Geschichte. Punkt!
Dafür haben wir zu vorher (als ich noch TZ gearbeitet habe) etwa 600 Euro im Monat mehr, die wir aber auch brauchen, weil es vorher finanziell doch recht eng war. (Kommt halt davon, wenn man einen extrem schlechten Stundenlohn hat )