War die DDR ein Unrechtsstaat?

  1. 01.10.2014, 20:14 War die DDR ein Unrechtsstaat? #1

    War die DDR ein Unrechtsstaat? Meine Antwort lautet ohne Wenn und Aber: “Ja, selbstverständlich.” Umso verblüffter war ich darüber, dass es gestern zu diesem Thema im Fernsehen diverse Diskussionen gab und dass insbesondere viele Mitglieder der “LINKEN” nicht einsehen wollen/können, dass die sogenannte Deutsche Demokratische Republik ein Unrechtsstaat gewesen ist. Welche Ansicht vertretet ihr zu dem dargestellten Thema?

    Liebe Grüße von Ulrike

  2. 25.11.2014, 10:39 War die DDR ein Unrechtsstaat? #2

    Ohne jeden Zweifel war die DDR ein Unrechtsstaat. Ein Staat, der auf seine Bürgerinnen und Bürger schießt, wenn diese ihr Glück in einem anderen Land (meistens: die damalige BRD) suchen, ist für mich ohne jeden Zweifel ein Staat, der die Rechte seine Bürger mit Füßen tritt.

  3. 25.11.2014, 11:59 War die DDR ein Unrechtsstaat? #3

    Auch aus meiner Sicht war die DDR ein Unrechtsstaat. Einen wichtigen Grund hast du bereits angeführt, Norelie! Darüber hinaus wurden Menschen, die nicht konform dachten und sich auch nicht so verhielten, mitunter inhaftiert oder auf andere Weise aufs Übelste schikaniert.

    Ein Land, in dem man niemandem trauen kann, weil er im Auftrage der sogenannten Staatssicherheit arbeiten könnte, kann nur ein Unrechtsstaat sein.

  4. 25.11.2014, 19:47 War die DDR ein Unrechtsstaat? #4

    Die Stasi war nicht überall und bekam auch nicht alles mit. Mein Mann hat sich seine Akte zuschicken lassen. Es fehlt einiges und das was darin steht ist absolut belanglos oder sogar falsch ,,recherchiert”. Ich habe gar keine Akte, obwohl wir uns schon zu DDR-Zeiten kannten.
    Schlimm finde ich, dass die ,,Großen” oft (jetzt) unbehelligt blieben und Mitläufer bzw kleine Fische alles verloren. Wie der Eiskunstlauftrainer Ingo Steuer. Jetzt arbeitet er in den USA. Das ist doch irre.

  5. 25.11.2014, 20:10 War die DDR ein Unrechtsstaat? #5

    Selbst wenn die Stasi nicht überall war, lässt sich doch nicht in Abrede stellen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Ich habe den Eindruck, dass du einer eindeutigen Antwort in diesem Falle bewusst ausweichst, Kotori!

  6. 26.11.2014, 00:10 War die DDR ein Unrechtsstaat? #6

    Klar wurden wir bespitzelt und in jedem Personalbüro saß mindestens einer, der für die Stasi arbeitete. Wir durften nicht reisen wohin wir wollten und wir standen Schlange wegen Orangen und Bananen. Jetzt kann ich Bananen nicht mehr sehen geschweige denn essen. Mein Vater war Polizist und ich durfte noch nicht mal Westfernsehen sehen (das habe ich heimlich gemacht, wenn er nicht da war). Uns wurde so viel Falsches von der BRD vorgegaukelt und die Menschen in der BRD wussten nichts über uns. Das war doch alles praktisch eingefädelt.

  7. 26.11.2014, 16:52 War die DDR ein Unrechtsstaat? #7

    Was war deiner Meinung nach eingefädelt, Sophie?

    Da ich diverse Verwandte sowie eine Brieffreundin in der ehemaligen DDR hatte, welche meine Familie und ich regelmäßig besucht haben, und meine Eltern mir zudem recht viel über den “Osten” erzählt haben und ich darüber hinaus die letzten zwei Jahre vor der Wende “Ost-Fernsehen” sehen konnte, maße ich mir an, zu behaupten, dass ich relativ viel über DDR-Bürger wusste. Zudem haben wir uns ja auch in den Fächern “Sozialkunde” sowie “Geschichte” intensiv mit der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik befasst.

  8. 27.11.2014, 20:09 War die DDR ein Unrechtsstaat? #8

    Leider wird jetzt im Geschichtsunterricht fast nichts mehr über die DDR gelernt, meist geht es nur um die Geschichte der BRD. Aus Zeitgründen wurde bei meiner Jüngeren die DDR in einer (!) Unterrichtsstunde behandelt … von der Gründung bis zum Mauerfall. Traurig!
    Mein Opa kannte einen privaten Lebensmittelhändler, deshalb kenne ich anstehen so gut wie nicht. Naja, und was man nicht kannte, wie z.B. Kiwis vermisste man auch nicht. In den Kaufhallen der Neubaugebiete wurden nachmittags, wenn die Berufstätigen kamen, die Regale wieder aufgefüllt, so war das Wichtigste oder eben auch Besonderes immer da.

  9. 27.11.2014, 20:14 War die DDR ein Unrechtsstaat? #9

    Eine einzige Unterrichtsstunde für die DDR?! *Schock lass nach* Das ist natürlich in jeder Hinsicht unmöglich … Hat deine Jüngere noch ein Fach wie Gemeinschaftskunde, in welchem die DDR ausführlicher behandelt wird?

    Und, Kotori, du drückst dich scheinbar immer noch vor einer klaren Antwort, ob die DDR ein Unrechtsstaat war oder nicht …

  10. 27.11.2014, 20:21 War die DDR ein Unrechtsstaat? #10

    GRW- aber da wurden andere Dinge behandelt.

    Ja, ich gebe lieber andere Antworten, ist doch auch okay, oder? Und auch hinterher gab es schlimmes Unrecht. Wie die Eltern, welche ihr Kleinkind extrem vernachlässigten, es nur 1x im Heim besuchten , in den ,,Westen” gingen, nach über einem Jahr wiederkamen und das Kind zurückbekamen, da sie (wo auch immer) sagten, das Kind wäre ihnen aus politischen Gründen weggenommen worden. Ein paar Jahre später wurde der Vater wegen Missbrauch angeklagt.

  11. 27.11.2014, 20:27 War die DDR ein Unrechtsstaat? #11

    Es behauptet doch auch niemand, dass es nur in der DDR Unrecht gegeben habe. Gewiss geschah nach der Wende auch viel Unrecht – und was ich so ertragen muss, lässt mich immer wieder daran zweifeln, dass wir in einem wirklichen Rechtsstaat leben.

  12. Heute, 18:54 War die DDR ein Unrechtsstaat? #12

    Die DDR war ein Unrechtsstaat zumindest mehr als die BRD. Aber im Grunde ist jeder Staat ein Unrechtssaat, da ist sogar die Schweiz davon nicht ausgenommen. Die Frage ist eher wie man Unrechtsstaat definiert.

  13. Heute, 20:57 War die DDR ein Unrechtsstaat? #13

    Unter WIKIPEDIA gibt es eine ausführliche Diskussion darüber, welches die Kennzeichen eines sogenannten Unrechtsstaaes sind. Demnach lassen sich das nationalsozialistische Deutschland und die DDR eindeutig als Unrechtsstaaten bezeichnen:

    “Unrechtsstaat ist eine abwertend gebrauchte Bezeichnung für einen Staat, der kein Rechtsstaat ist.Es handelt sich um ein politisches Schlagwort, mit dem die Regime sowohl Deutschlands zur Zeit des Nationalsozialismus als auch der DDR gekennzeichnet werden. Der Begriff hat Eingang in den rechtswissenschaftlichen Diskurs gefunden, der sich insbesondere um eine Definition des Begriffs bemüht.”

    Bei der Verwendung des Begriffes bezüglich der DDR sind laut WIKIPEDIA die folgenden Aspekte von Bedeutung:

    Historisch-politische Diskussion

    Der Unrechtsstaatsbegriff spielt insbesondere in der historisch-politischen Diskussion um die Bewertung der Deutschen Demokratischen Republik bis zur Wende 1989/90 eine Rolle. Bundespräsident Roman Herzog etwa erklärte am 26. März 1996 vor der Enquête-Kommission Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit über die DDR: “Sie war ein Unrechtsstaat.” Ebenso äußerte sich im Jahr 2009 auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk vertritt ebenfalls die These, die DDR sei ein Unrechtsstaat gewesen. Dies begründet er mit dem Fehlen einer Verwaltungsgerichtsbarkeit und Gewaltenteilung: Die Justiz sei nie unabhängig von den politischen Vorgaben von Staat und Partei gewesen. Das Strafgesetzbuch der DDR habe zahlreiche politische Straftatsbestände gekannt wie staatsfeindliche Hetze, Staatsverleumdung, Zusammenrottung usw., was zu einer großen Zahl von politischen Gefangenen geführt habe. Diese hätten in der Mehrzahl einfach nur das Land verlassen wollen oder seien wegen Weitergabe unerwünschter Literatur wie George Orwells 1984 kriminalisiert worden:

    “Unrecht war strukturell und politisch bedingt, Recht blieb stets willkürlich.

    Andere hingegen, vor allem Politiker der Linkspartei, wehren sich gegen die Charakterisierung der DDR als Unrechtsstaat, beispielsweise die Politikerin Gesine Lötzsch mit der Begründung, der Begriff “Unrechtsstaat” sei ein propagandistischer Kampfbegriff, der brandmarken solle. Lothar de Maizière, letzter Ministerpräsident der DDR, bezeichnet die Vokabel “Unrechtsstaat” als unglücklich, da der Begriff unterstelle, dass alles, was dort im Namen des Rechts geschehen ist, Unrecht gewesen sei. Auch die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan lehnt die pauschalisierende Anwendung des Begriffs “Unrechtsstaat” auf die DDR ab. Zwar sei die DDR kein Rechtsstaat gewesen, ihre einseitige Beschreibung als Unrechtsstaat stelle aber Arbeit und Leben sämtlicher ehemaligen DDR-Bürger unter einen moralischen Generalverdacht.

    In den Koalitionsgesprächen zur Regierungsbildung der neuen Landesregierung in Thüringen 2014 wurde die Anerkennung der Bezeichnung “Unrechtsstaat” zur Voraussetzung der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD, um mit der Linken eine Regierungskoalition zu bilden. Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Partei im Deutschen Bundestag, setzte sich im Nachhinein gegen die Bezeichnung ein. Die Bundesvorsitzende Katja Kipping erklärte jedoch, dass sie “die Formulierung, die die Thüringer da gefunden haben in den Sondierungsgesprächen, vollkommen richtig” fände. Werner Schulz unterstrich in diesem Zusammenhang, dass das Unrecht in der DDR nicht von Einzeltätern verübt wurde, sondern organisiert war und der Herrschaft der SED diente.

    Der Brandenburger Generalstaatsanwalt Erardo Cristoforo Rautenberg bestreitet, dass der Begriff Unrechtsstaat, wie ihn in den 1950er Jahren Fritz Bauer definierte, auf die DDR anzuwenden sei.

    Juristischer Diskurs

    Auch unter Juristen ist umstritten, inwieweit die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet werden könne. Horst Sendler vertritt die Ansicht, die DDR sei “im Kern ein Unrechtsstaat” gewesen, weil die Gesetze “nur Versatzstücke” gewesen seien, die “bei Bedarf beiseitegeschoben werden” konnten, wenn sie “der Staatsführung […] oder sonstigen zur Entscheidung befugten Organen” nicht passten; die DDR habe “drastisch-salopp” gesagt “aufs Recht gepfiffen”. Demgegenüber meint Ingo Müller, dass genauso wenig der Unrechtsstaat an sich existiere wie ein Staat, der sich ein für allemal den Ehrentitel “Rechtsstaat“ erworben habe, sodass die einzelnen stattgefundenen Unrechtsakte jeweils für sich bewertet werden müssten.Volkmar Schöneburg plädiert dafür, die Rechtsnormen sowohl im NS-Staat als auch in der DDR genau zu analysieren und nicht einfach durch die Kategorie “Unrechtsstaat” zu ersetzen.

    Das Bundesverfassungsgericht hatte gegenüber der DDR stets “eine vorsichtige und letztlich nichts präkludierende Entscheidungsstrategie befolgt: Man hat sich geweigert, die andere deutsche Republik als ‘den Unrechtsstaat durch und durch’ zu betrachten […].”

    Das Amtsgericht Tiergarten wies 2012 in einem Urteil gegen einen Stasi-Oberst dessen Behauptung zurück, bei der DDR habe es sich nicht um einen Unrechtsstaat gehandelt. “Aufgrund des gegenwärtigen Standes der Geschichtsforschung und der rechtskräftigen Verurteilung führender Persönlichkeiten der ehemaligen DDR steht fest, dass es sich bei der ehemaligen DDR um eine Gewalt- oder Willkürherrschaft gehandelt hat.” (Quelle: Artikel “Unrechtsstaat”; WIKIPEDIA)

  14. Heute, 22:57 War die DDR ein Unrechtsstaat? #14

    In diesem Sinne würde ich zu folgendem Schluss gelangen: Natürlich war nicht alles, was in der DDR geschah, Unrecht. Aber viel zu viel, was in diesem Staat von sich ging, war Unrecht.

    Einen “reinen” Rechtsstaat gibt es wohl ebenso wenig wie einen “reinen” Unrechtsstaat.

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